So werden wir für dumm verkauft.
In der Ausgabe der Ärzte-Zeitung vom 6.11.2008 wurde mit einer riesigen Überschrift:
"Anitkonvulsivum nimmt den Schmerz beim Reizdarmsyndrom" eine Therapieoption für Reizdarm-Schmerzen angekündigt. Es gehtum den Wirkstoff Pregabalin der Firma Pfizer, ein Medikament mit Zulassung für die Behandlung von Nervenschmerzen und Krampfanfällen (Tages-Therapie-Kosten in der angegebenen Dosierung von 600 mg ca. 5,- Euro). Was groß als Behauptung "..... nimmt den Schmerz..." angekündigt war, stellte sich im Text so dar:
Die Untersuchung bestand darin, dass ein Ballon im Enddarm aufgeblasen wurde bis der Patient das als schmerzhaft empfindet. Bei Reizdarm-Patienten ist diese Schwelle niedriger als bei anderen. Es wurden 26 Patienten mit erniedrigter Schmerzschwelle untersucht. Die 26 Patienten wurden entweder mit Pregabalin oder einem Placebo (Medikament ohne Wirkstoff) drei Wochen lang behandelt. Bei Behandlung mit Pregabalin sei die Empfindlichkeit auf den Ballondruck "signifikant" (also statistisch deutlich) gesenkt gegenüber einer Behandlung mit Placebo. An Nebenwirkungen seien lediglich vereinzelt Völlegefühl und leichte Schläfrigkeit aufgetreten.
So weit so gut:
Aber,
kann ich von der lebensfernen Steigerung der Schmerzschwelle auf Ballondruck im Enddarm auf eine funktionierende Reizdarm-Therapie schliessen?
was sind vereinzelte Nebenwirkungen bei 13 Patienten, die über drei Wochen behandelt wurden (unterstellt die 26 Patienten wurden hälftig mit Wirkstoff und Placebo behandelt)?
wie gross ist die signifikante Senkung bei der absolut unzureichenden Fallzahl von 26?
Bemerkenswert ist für mich lediglich, dass die in der Praxis häufig erfolgreichen Therapien, die wie die Hypnose auch wissenschaftlich unterlegt sind, in den Publikationen keine Gehör finden.
Hypnose, Akupunktur, Neuraltherapie, Homöopathie, Darmsanierung, Therapie von Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Orthomolekulare Medizin bieten aber auch nicht die Gewinnerwartung, die eine medikamentöse Dauertherapie mit 5 Euro Tages-Therapie-Kosten in Aussicht stellt.
2 Kommentare:
Sehr geehrter Kollege Vogts,
vielen Dank für diesen Beitrag. Auch ich wundere mich immer wieder, mit welchen Mittteln man uns Ärzten, die Anwendung des einen oder anderen Wirkstoffs schmackhaft zu machen versucht. Gerade bei funktionellen Beschwerden des Magen-/Darmtrakts setze auch ich regelmäßig hypnotherapeutische Verfahren ein. Wie sollen wir beide denn jetzt unsere Tages-Therapie-Kosten berechnen, wenn der Patient nach wenigen Sitzungen dauerhaft von seinen Beschwerden befreit ist? (-:
Schöne Grüße aus dem Schwabenland,
Dr. Marco Ramadani
Da sind wir schon zwei, die es so handhaben. Laut einer Studie ist Hypnose bei Reizdarm auch zu ca 80 Prozent erfolgreich. Welche Therapie, nicht nur bei diesen Beschwerden, kann solche Erfolgsquoten aufweisen?
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